Städtebauliches Leitbild 2020
Das städtebauliche Leitbild 2020 formuliert die Leitlinien der Stadtentwicklung bis zum Jahre 2020 und macht gleichzeitig Aussagen zur langfristigen Flächendisposition. Vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Globalisierung, des gesellschaftlichen und demographischen Wandels und einer immer stärker in das politische Handeln rückenden Klimafolgendebatte, hat der Rat der Stadt Göttingen das Leitbild 2020 im September 2007 als Perspektive für die zukünftige Stadtentwicklung beschlossen.
Voraus gegangen war ein etwa zweijähriger Planungs-, Diskussions- und Abstimmungsprozess, in den wichtige Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, Bürgerinnen und Bürger, Politik und Verwaltung einbezogen wurden.
Als Schlüsselfragen wurden vorangestellt:
- Was muss getan werden, damit die Entwicklung der Stadt Göttingen erfolgreich verläuft?
- Mit welchem Profil kann sich Göttingen im schärfer werdenden Wettbewerb der Städte und Regionen behaupten?
- Wie kann Göttingen seine Stärken ausbauen.
Als „Stadt, die Wissen schafft“ hat Göttingen gute Chancen, die Herausforderungen der Zukunft zu bestehen und weiterhin eine lebenswerte und attraktive Stadt zu bleiben.
Auf der Basis einer differenzierten Erhebung und Bewertung gegebener Daten und Fakten, fasst das Leitbild 2020 die Stärken und Schwächen sowie die wesentlichen Entwicklungsziele in neun verschiedenen Handlungsfeldern zusammen. In Kenntnis der Tatsache, dass Stadtentwicklung immer das komplexe Zusammenspiel der vielen Facetten des städtischen Lebens meint, werden im Leitbild 2020 mit den folgenden fünf Leitzielen die Hauptlinien der Stadtentwicklung aufgezeigt:
Wissenschaft und Ausbildung haben in Göttingen eine herausragende Bedeutung. Auch die zukünftige Stadtentwicklung wird sich auf diese Stärken stützen. Je besser sich die Hochschulen und die Forschungs-und Bildungseinrichtungen im Wettbewerb behaupten, umso attraktiver wird Göttingen nicht nur für Studierende, sondern auch für junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen und ihre Familien.
Ausgezeichnete Rahmenbedingungen für ansässige Unternehmen sowie Ausgründungen und gezielte Neuansiedlung von Unternehmen im High-Tech- und anderen wissenschaftsnahen Branchen tragen dazu bei, dass Wissenschaft und Forschung in Göttingen wichtige Impulsgeber für Wirtschaftswachstum und Innovation bleiben werden. Dies beinhaltet auch die Chance, die allgemeine demografische Entwicklung abzumildern. Trotz allgemeiner Alterungstendenzen bleibt Göttingen eine relativ junge Stadt.
Gemeinsinn und Mitverantwortung der Bürgerinnen und Bürger für das Gemeinwohl sind ein unerlässlicher Baustein der Göttinger Stadtentwicklung. Dies setzt eine intensive Beteiligung bei allen Planungsprozessen und städtebaulichen Maßnahmen voraus. Stadtentwicklung erstreckt sich nicht nur auf das Erstellen von Plänen – wichtig sind Strategien der Kooperation und Beteiligung. Göttingen unternimmt besondere Anstrengungen, Menschen unterschiedlicher Kulturen zu integrieren und bietet Entwicklungsperspektiven für jeden Einzelnen. Die Interessen von Menschen mit Behinderungen werden in besonderer Weise berücksichtigt. Die Chancengleichheit der Geschlechter (Gender Mainstreaming) bildet eine durchgängige Perspektive bei allen Planungen und Entscheidungen zur Stadtentwicklung Göttingens. Göttingen fördert gute Nachbarschaften. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen, soziale und räumliche Barrieren werden abgebaut. Auch unseren in- und ausländischen Gästen soll Göttingen in guter Erinnerung bleiben. Göttingen ist eine weltoffene und lebendige Stadt.
Das typische „Göttinger Flair“ basiert auf einem spannungsvollen Kontrast von Tradition und Fortschritt: die historische Stadtstruktur und die einzigartige kulturelle Tradition einerseits, eine moderne und zukunftsweisende Wissenschaft und Kultur sowie eine „junge“ studentische und familien- und kinderfreundliche Atmosphäre andererseits.
Das kulturelle Erbe der Universitätsstadt Göttingen ist geprägt durch zahlreiche Persönlichkeiten, Wissenschaftler, Gelehrte, Nobelpreisträger, Künstler und Kulturschaffende, die ihre sichtbaren Zeichen und Spuren in der Stadt hinterlassen haben. Die Gegenwart ist geprägt durch einen hohen Anteil junger (studentischer) Mitbürgerinnen und Mitbürger, die heute eigene kulturelle Akzente setzen. In diesem Spannungsfeld nutzt Göttingen seine kulturelle Vielfalt als wichtigen weichen Standortfaktor: Die historisch gewachsene Stadtstruktur, ihre historische Innenstadt in Funktion und Erscheinungsbild, ihre reizvolle landschaftliche Einbettung sowie eine moderne und zukunftsweisende Wissenschaft und Kultur bei einer „jungen“ Bevölkerungsstruktur. Zu einer „jungen“ Stadt tragen neben Studierenden insbesondere Familien und Kinder bei, Göttingen setzt daher Maßstäbe für eine familienfreundliche Stadtentwicklung.
Stadtentwicklung in Göttingen orientiert sich am Prinzip der Nachhaltigkeit. Wirtschaftliche Prosperität, sozialer Ausgleich und gesunde Umwelt werden als Dimension einer nachhaltigen Entwicklung gleichzeitig und gleichmäßig berücksichtigt. Das Prinzip der Nachhaltigkeit gilt für alle Handlungsfelder. Göttingen fördert den sparsamen Umgang mit Ressourcen und die Energieeffizienz als Voraussetzung für die Verbesserung der Umweltqualität und eine Verringerung der CO2-Emissionen. Dies gilt für optimierte Infrastrukturnetze im gleichen Maße wie für die Erneuerung und den Neubau öffentlicher und privater Gebäude. Städtebaulich äußert sich die Nachhaltigkeit in einer kompakten Siedlungsstruktur. Göttingen verpflichtet sich den Grundsätzen der Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt.
Funktionale und räumliche Verflechtungen gehen weit über die Göttinger Stadtgrenzen hinaus. Der regionalen und interkommunalen Kooperation misst Göttingen insbesondere vor dem Hintergrund der demografischen und ökonomischen Tendenzen in der Region zunehmend Bedeutung bei. Göttingen nutzt seine zentrale geografische Lage sowie Anbindung an leistungsfähige Verkehrstrassen.
Handlungsfelder
Als Handlungsfelder werden benannt:
- Wohnen und wohnbezogene Infrastruktur
- Hochschulen und Wissenschaft
- Wirtschaft und Arbeit
- Innenstadt
- Einzelhandel
- Stadtgestalt und Baukultur
- Kultur und Tourismus
- Mobilität und Verkehr
- Umwelt, Natur und Landschaft
- Freizeit und Erholung
- Regionale und interkommunale Kooperation.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass es Anforderung für die Zukunft sein wird, die Stärken der Stadt insbesondere im Zusammenwirken mit den hervorragenden Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen weiter auszubauen und gezielt Menschen im erwerbsfähigen Alter und junge Familie anzuwerben bzw. an die Stadt zu binden. Damit sollen der Alterungsprozess der Bevölkerung aufgefangen und ebenso positive ökonomische Effekte erzielt werden. Zudem gilt es, die Vielfalt der Lebensstile zu berücksichtigen (etwa durch ein differenziertes Wohnungs-, Freizeit und kulturelles Angebot). Die Innenstadt soll als Wohn- Kultur- und Einkaufsstandort gestärkt werden, unter Erhalt der historischen wertvollen Stadtstrukturen. Zur Stärkung der Innenstadt gehört auch der Erhalt der Nutzungen der Universität und die Qualität der verkehrlichen Anbindung. Gleichzeitig sollen aber auch die wohnungsnahen Versorgungsangebote gesichert und ausgeweitet werden. Die überregionale Verkehrsanbindung soll weiter ausgebaut werden (ICE-Standort, GVZ), unter der Maßgabe, mehr (Schwerlast-) Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Die landschaftlichen Qualitäten, insbesondere im Zusammenhang mit Leineaue und Kiessee sowie den umgebenden Waldgebieten sollen attraktiv gestaltet und wahrgenommen werden.
Zentrale Bedeutung kommt nicht zuletzt den sogenannten „weichen Standortfaktoren“ zu: Dazu zählt neben der kulturellen Infrastruktur auch das Erholungs- und sonstige Freizeitangebot. Im Rahmen des Leitbildes wird zudem auf die Bedeutung von Beteiligungsprozessen und aktivem Gestaltungsmanagement bei der Planung künftiger Planungen und Bauvorhaben hingewiesen.